Die Motivation war groß, der Wille war da, der Kopf sagte am Ende aber - nein!
Es war eine interessante, aber für meine Psyche auch sehr schwere Woche.
Es hat mich nicht sehr gestört, öfter Hände voller Blut zu haben, den ganzen Tag ausblutende Schweine zu sehen. Damit bin ich klargekommen. Der Anblick von irgendwelchen Innereien, alles kein Problem. Der Geruch - den kannte ich vorher schon und wesentlich schlimmer, als ich in den 90ern in einer Tierkörperverwertung/Abdeckerei tätig war.
Wie bereits erwähnt, die ersten Stationen setzen mir am meisten zu. Die Betäubungsanlage hat mir gestern den letzten Rest gegeben. Heute Morgen war ich wieder auf dem Weg dorthin und hatte das Gekreische schon im Ohr, obwohl noch alles stillstand. Ich habe es versucht - ich kann es nicht. Allein der Gedanke daran macht mich fertig.
So habe ich mich heute Morgen kurz nach 5 dazu entschlossen, den Schlachthof für immer zu verlassen. Ich habe mein Werkzeug, meine Schlüssel und meinen Zugangschip abgegeben. Das wars.
Jetzt kann man davon halten was man will. Ich habe mir als Veganer gezielt diesen Arbeitsplatz ausgesucht, um irgendwas dafür tun zu können, dass auf den letzten Metern wenigstens alles funktioniert. Die psychische Belastung ist für mich aber zu groß - ich kann es einfach nicht. Genau aus diesem Grund habe ich ja auch schon weit vorher entschieden, vegan zu leben, weil es eben falsch ist, was dort geschieht. Es ist unnötig.
Den Betrieben mache ich weiterhin keine Vorwürfe. Mir ist klar, dass es in dieser Menge nicht anders geht und niemand bereit dazu ist, mehr zu tun, als die Gesetze verlangen. Damit bin ich wieder beim leidigen Thema CO₂ und/oder Stromzange, welche ich die Tage ja schon oft angesprochen habe. Hier muss die Politik die Weichen stellen und Druck machen. Dann kostet das Fleisch eben etwas mehr, dafür ist die Qualität aber auch besser. Man bekommt also auch besseres Fleisch, wenn man statt CO₂ Helium nehmen würde. Solang dazu aber kein Zwang besteht, wird es aber auch niemand freiwillig machen. Noch besser wäre es natürlich, komplett auf tierische Produkte zu verzichten, aber ich mache mir nichts vor - das werde ich nicht erleben und die Qual und das Morden geht weiter.
Was geschieht nun mit mir? Ich bin/war zum Glück kein direkter Angestellter im Schlachthof, sondern war über eine externe Firma dort. Mit etwas Glück bekomme ich am Montag die Info, dass Plan B funktioniert. Hierbei handelt es sich um ein Logistikunternehmen einer großen Handelskette. Mein Job und auch die Bezahlung bleibt die gleiche, die Strecke, welche ich täglich zurücklege, ist ähnlich und auch dort geht es in den Schichtbetrieb. Es ändert sich also rein von der Arbeit her nicht viel. Ich betreue technische Anlagen. Der Unterschied ist nur, dass ich die ca 10 bis ?? Sekunden anhaltenden, panischen Schreie, welche durch Atemnot ausgelöst werden, nicht mehr hören muss. Sollte aus Plan B nichts werden, so bleibt mir am Ende nur noch die Kündigung. In den ersten 4 Wochen reichen dafür 2 Tage aus. Danach würde es für mich wieder ins altbekannte Handwerk gehen. Ich hoffe aber mal, dass es nicht so weit kommen muss und Plan B aufgeht. Gerade aus diesem Grund habe ich von Anfang an ja auch mit offenen Karten gespielt und extra erwähnt, dass ich Veganer bin und mir nicht sicher bin, ob ich die Belastung wirklich aushalte.
Drückt die Daumen, Montag bin ich schlauer. Bis dahin nehme ich erstmal unbezahlten Urlaub und warte auf die Nachricht, die mir Klarheit verschafft.