Montag, 18. November 2024

Der erste Tag im neuen Job

Heute war es also so weit, ich habe mein (eventuell) letztes Kapitel meiner beruflichen Laufbahn begonnen. Es war in etwa das, was ich erwartet hatte. Kein Job für jeden, aber meine Motivation, dass dort alles reibungslos funktioniert, ist heute noch weiter gestiegen.

Nachdem ich letzte Woche ja schon Schulungen, Belehrungen und so weiter durch hatte, ging es heute das erste Mal durch die kompletten Anlagenteile, für die ich in Zukunft zuständig sein werde.

Bei dieser ersten Begehung wurden mir alle Schritte der Produktion gezeigt, bevor es in die Kühlung geht. Ich arbeite also doch nicht in einem Kühlschrank, im Gegenteil - es ist sehr warm und feucht (nur manchmal verdammt kalt). Mein Rundgang begann bei den Beruhigungsställen und führte dann Schritt für Schritt durch alle Arbeitsgänge, bis am Ende Schweinehälften ihren Weg durch die Kühlung und weitere Zerlegung zurück legen. Mit den nachfolgenden Arbeitsgängen habe ich aber nur in Ausnahmefällen was zu tun.

Die einzelnen Schritte und Prozeduren werde ich hier aber nicht näher erklären, das darf ich auch gar nicht.

Ich hab mich ja in der Vergangenheit schon sehr viel mit Massentierhaltung, Schlachtbetrieben etc. beschäftigt. Natürlich finde ich den Fleischkonsum nach wie vor falsch. Die Nachfrage ist aber da, nicht von mir, sondern vielen anderen Menschen. Das Töten geht also weiter und mir ist es wirklich lieber, es wird hier in Deutschland in einem streng kontrollierten Betrieb erledigt, als irgendwo im Ausland, wo die Gesetze nicht so streng sind.

Ja, mir tut jedes einzelne Tier leid, welches hier sein Leben lassen muss. Ich sehe sie, sehe ihre Blicke, höre die Schreie und laufe durch ihr Blut. Ich kann aber ruhigen Gewissens sagen, sie sterben nicht für mich. Ich kann nur dafür sorgen, dass ihr Weg vom Stall über die Treibgänge bis hin zur CO₂-Grube so fehlerfrei wie möglich funktioniert, damit wenigstens keines dieser Tiere diese Station überlebt und dann anders getötet werden muss. Mir wäre es auch lieber, wenn ein anderes Gas statt CO₂ dafür verwendet werden würde. Wie bereits in einem anderen Beitrag erwähnt, gibt es da Möglichkeiten und am Ende ist die Politik gefragt. Ja, es wird dadurch teurer.

Haben die Schweine diese Stationen hinter sich, ist es für mich auch nicht mehr so schwer. Klar, ich laufe manchmal in Blut, irgendwas tropft auf meine Klamotten, wenn ich mich durch die Anlagen bewege, aber es leiden keine Tiere mehr. Die Bilder, die ich hier sehe, sollten vielleicht auf Wurstverpackungen gedruckt werden. Vielleicht versteht dann der ein oder andere, dass das eben doch nicht so normal ist, wie es uns anerzogen wurde. Aber vermutlich spielt man damit auch nur Quartett, wie mit den Schockbildern auf Zigarettenpackungen.

Mit den Kollegen komm ich ganz gut aus, auch wenn es hier und da Verständigungsschwierigkeiten gibt. Es sind viele Rumänen und Polen im Betrieb. Hier bin ich also fast schon ein Exot. Warum eigentlich? Außer den Amis isst, doch glaub niemand soviel Fleisch wie Deutschland. Manche reden sogar davon, Fleischesser zu sein. Komisch, von denen seh ich da niemanden. Klappt wohl nur, wenn andere den “unschönen” Part übernehmen. Lasst es euch schmecken.

Gut, das wars also mit dem ersten Tag. Eigentlich eine lockere Einblickschicht von 8-15 Uhr. Morgen starte ich um 6, die Schlachtung geht um 7 los und im Laufe der Woche steht dann wohl auch der neue Schichtplan. Da ist man ja vorsichtig geworden. Die Absprungrate ist recht groß und ich kann es auch niemanden verübeln. Man muss schon hart im Nehmen sein, sich das jeden Tag anzutun. Es wurden übrigens Wetten abgeschlossen, ob ich den Tag überstehe oder nicht. Ich hab kein Geheimnis daraus gemacht, dass ich Veganer bin. Ich fand es nur fair, dass sie es wissen, vor allem warum, wie ich damit umgehe und was ich mit diesem Job bezwecke. Warum habe ich das getan? Ganz einfach - man findet mich im Internet und ich gehe einfach davon aus, dass gerade solche Betriebe sehr vorsichtig sind, wen sie einstellen. Schließlich spreche/schreibe ich öffentlich gegen Fleischkonsum, aber wie an andere Stelle schon erwähnt, mache ich niemandem Vorwürfe, der diesen Markt versorgt, nur jenen rede ich ins Gewissen, die ihn konsumieren. Aber selbst hier mache ich dies ausschließlich in meinen Blogbeiträgen. Ich käme nie auf die Idee, Leute auf der Straße anzuschreien und ihnen Vorwürfe zu machen. Wie könnte ich auch? Ich selbst habe die meiste Zeit meines Lebens tierische Produkte konsumiert. Also wer bin ich, mir dieses Recht herauszunehmen? Wir haben es alle nicht anders gelernt. Es gibt andere Wege, man muss es nur wollen. Ich kann vielleicht den Weg zeigen, aber niemanden dort hineinzwingen.

Ich kann euch höchstens ein schlechtes Gewissen machen, mehr nicht. Wie?

Ich sehe jeden Tag tausende Schweine sterben, rieche sie, höre sie, stehe in ihrem Blut und nicht eins davon stirbt für mich.

Mein Gewissen bleibt dabei rein.

Dies war nun aber vermutlich auch der letzte Beitrag zu diesem Thema. Was soll ich auch groß weiter dazu schreiben? Ich repariere und warte Technik - mehr ist es ja eigentlich nicht.